Tabuthema Hämorrhoiden

Beschwerden im Afterbereich sind sehr häufig in unserer Gesellschaft. Die meisten Leute haben jedoch starke Hemmungen, sich mitzuteilen und einen entsprechenden Spezialisten aufzusuchen. Dadurch werden die Beschwerden oft lange Zeit mitgeschleppt, bevor entsprechende Hilfe angenommen wird.
Hämorrhoiden sind sehr häufig. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden unter „Hämorrhoiden“ alle Probleme im Bereich des Enddarmes (Afters) Verstanden. Im medizinischen Sinne gibt es jedoch eine Große Zahl von verschiedenen Enddarmerkrankungen. Das Hämorhoidalleiden ist die Häufigste davon.

Ursache & Häufigkeit

Mit 50 Jahren haben 50% der Bevölkerung Hämorrhoiden unterschiedlichen Ausmaßes. Die eigentliche Ursache für die Entstehung von Hämorrhoiden ist nicht eindeutig geklärt. Tatsache ist, dass es sich um eine Bindegewebs-schwäche handelt, die vererbbar ist und die durch verschiedene Lebens-umstände verstärkt wird.
Zu diesen Life Stile Faktoren zählen unsere Ernährungsgewohnheiten (Ballaststoffarme Kost, Übergewicht), Langes Sitzen (mangelnde Bewegung), und Stuhlprobleme (harte Stühle, langes starkes Pressen beim Stuhlgang, Verstopfung). Auch im Rahmen einer  Schwangerschaft treten häufig Hämorrhoidenbeschwerden auf. Dies ist durch die hormonell bedingte Auflockerung des Gewebes und die Druckerhöhung im Bauchraum bedingt.
Patienten mit Hämorrhoidenleiden haben auch gehäuft Krampfadern.
Da die Hämorrhoiden Teil unseres Darmes sind, können Hämorrhoiden-beschwerden  auch bei Darmerkrankungen vorkommen. Deswegen sollte bei Hämorrhoidalleiden immer auch der Darm untersucht werden.
 

Was sind Hämorrhoiden? Entstehung des Hämorrhoidenleidens
 
Hämorrhoiden sind an und für sich keine Erkrankung. Es handelt sich um Blutgefäßpolster (Schwellkörper aus Blutgefäßen) im Afterkanal, die von einer sensiblen Schleimhaut überzogen sind, mit der wir Gase von festem Stuhl unterscheiden können. Zusammen mit dem Schließmuskel sind die Hämorrhoiden notwendig, um den Stuhl und auch Winde sicher zu halten.
Von einem Hämorrhoidalleiden sprechen wir erst dann, wenn diese Blutgefäß-polster übermäßig anschwellen, die Verbindung zum Afterkanal verlieren und vorfallen.
Die vorgefallenen Blutgefäßpolster sind als Knoten am After fühlbar und treten in der Regel beim Pressen im Rahmen des Stuhlganges auf. In früheren Stadien ziehen sie sich von selbst wieder zurück. In fortgeschrittenen Stadien sind die Knoten permanent vorgefallen und lassen sich auch manuell (mit den Fingern) nicht zurückschieben.

Beschwerden

Das häufigste Symptom bei Hämorrhoiden ist die Blutung. Dabei handelt es sich meist um hellrote Blutauflagerungen am Toilettepapier oder am Stuhl.  Selten kann es auch zu starken Blutungen kommen, die sofort ärztlich behandelt werden müssen. Da Blutungen auch bei Polypen und Tumoren des Darmes vorkommen, ist in diesen Fällen eine Darmspiegelung (Coloskopie) unbedingt anzuraten.
Blutungen treten häufig schon in Frühstadien von Hämorrhoiden auf und sind nicht schmerzhaft. Die vorgefallenen Hämorrhoidenknoten werden oft als Fremdkörper empfunden (Druckgefühl) und können Schmerzen bereiten.
Die vorgefallene Hämorrhoidenschleimhaut kann durch Absonderung von Schleim zu einem feuchten After führen. Schwierigkeiten bei der Analhygiene mit Stuhlbeschmutzung (Stuhlschmieren) sind die Folge. Dadurch können Ekzeme entstehen, die Jucken oder Brennen im Afterbereich verursachen.
Auch Stuhlschwierigkeiten mit unvollständiger Entleerung können durch Hämorrhoiden verursacht werden.

Untersuchung

Hämorrhoidenbeschwerden können auch durch eine Vielzahl von anderen Leiden verursacht werden, wie z.B. Analfissur, Analekzem, Kryptitis, Analfistel, Analabszess, Analkrebs.
Bei Auftreten von den geschilderten Beschwerden im Afterbereich  sollte daher unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
Zuerst muss durch ein ärztliches Gespräch eine Vertrauensbasis geschaffen werden, um Hemmungen abzubauen. Eine gezielte Befragung  über die Art und Häufigkeit der Beschwerden und über bisherige Therapien ist sehr wichtig.
Danach erfolgen die äußerliche Inspektion des Afterbereiches und eine Tastuntersuchung mit dem Finger (rektal digitale Untersuchung). Im Anschluss daran werden eine Spiegelung des Mastdarmes (Rektoskopie) und eine Spiegelung des Enddarmes (Proktoskopie) durchgeführt. Diese kann ambulant, schmerzfrei und ohne spezielle Vorbereitung erfolgen. Dabei wird ein kurzes Rohr über den After eingeführt, über das eine Begutachtung von Innen erfolgt. Vorher ist lediglich die Verabreichung eines kleinen Einlaufes notwendig.

Die Spiegelung des gesamten Dickdarmes (Koloskopie) dient zum Ausschluss von Tumoren oder Polypen. Bei der Koloskopie können auch Vorstufen von Darmkrebs (Polypen) in einer Sitzung abgetragen werden.
Ab dem 50. Lebensjahr wird die Koloskopie auch als Vorsorgeu-ntersuchung für Darmkrebs empfohlen.


Therapiemöglichkeiten

Das Hämorrhoidenleiden ist an und für sich nicht gefährlich und muss nicht immer operiert werden. Die Art der Behandlung ist Abhängig vom Ausmaß und Häufigkeit der Beschwerden sowie von dem erhobenen Befund.

Konservative Methoden

Wichtig ist zunächst, für eine regelmäßige und gute Verdauung zu sorgen. Ballaststoffreiche Ernährung mit ausreichend Flüssigkeit,  Bewegung und Stressabbau stehen an erster Stelle. Für den Stuhlgang muss genug Zeit sein, ein Aufschieben (zurückhalten) des Stuhlganges kann zu Verstopfung führen und soll vermieden werden. Der Stuhlgang sollte möglichst mit natürlichen Mitteln herbeigeführt werden, die regelmäßige Einnahme  von Abführmittel ist zu vermeiden.
Bei akuten Beschwerden helfen Salben oder Zäpfchen. Diese wirken abschwellend, hemmen Entzündungen und lindern den Schmerz.
Hämorrhoidenmedikamente wirken ebenfalls gegen Schwellung und Entzündung und werden sowohl bei akuten Beschwerden als auch über einen längeren Zeitraum verabreicht.


Kleinere Ambulante Eingriffe

Die Gummibandligatur  ist ein kleiner ambulanter Eingriff, der nicht lange dauert. Hier wird im Rahmen einer Spiegelung des Afters ein Gummibad über die Hämorrhoide gestülpt. Die Hämorrhoide wird dadurch abgeschnürt und fällt nach einigen Tagen ab. Mit der Gummibandligatur können in einer Sitzung auch mehrere kleinere Hämorrhoiden entfernt werden.

Bei der Verödung wird eine spezielle Flüssigkeit in die Hämorrhoide eingespritzt. Diese führt zu einer Schrumpfung und dadurch zu einer Rückbildung der Hämorrhoide.


Hämorrhoidenoperation

Bei der klassischen Operation (Operation nach Milligan und Operation nach Parks) werden die vorfallenden krankhaften Hämorrhoidenanteile
herausgeschnitten (chirurgisch entfernt). Die klassische Operation ist nach wie vor Standard, wenngleich es neuere Methoden gibt.

Die modernen Methoden beruhen auf der Drosselung der Blutzufuhr meist in Kombination mit einer Verkürzung (Raffung) der Schleimhaut. Dadurch kommt es zu einer Rückbildung der Hämorrhoiden, ohne dass sie entfernt werden müssen.

Dazu gehören:

Die HAL (Hämorrhoiden Arterien Ligatur) und die RAR (Recto Anal Repair).

Bei der HAL werden die Hämorrhoidengefäße mit einer Ultraschallsonde gezielt aufgesucht und unterbunden. Bei der RAR wird die Hämorrhoide zusätzlich gerafft.

Die Operation nach LONGO ist ein Verfahren, bei der ein speziell entwickelter automatischer Nahtapparat zum Einsatz kommt. Mit diesem wird oberhalb der Hämorrhoiden ein Schleimhautzylinder (Schleimhautring) entfernt. Die Afterhaut wird geliftet, die Operationswunde liegt innen.
 
Die neueren Operationsmethoden sind deutlich weniger schmerzhaft. Da die Operationswunde innen liegt wird die Wundheilung kaum wahrgenommen und ist viel weniger belastend. Allerdings handelt es sich trotzdem um eine Operation, die üblicherweise im Spital und in Narkose oder Kreuzstich durchgeführt wird.

Wichtig ist, bei Beschwerden im Afterbereich eine genaue ärztliche Untersuchung durchzuführen.
Für die Behandlung stehen zahlreiche Methoden zur Verfügung. Ob und wie behandelt wird, lasst sich nur individuell klären.

Gerade beim Hämorrhoidenleiden ist bei Operationen große Zurückhaltung geboten, da es sich um eine sehr sensible Zone handelt, deren Funktionsfähigkeit unser Wohlbefinden stark beeinflusst.

Nicht jede Behandlung ist bei jedem Patienten mit gleichem Erfolg anwendbar. Wichtig ist, die individuell beste auszusuchen.

 

OA DR. WOLFGANG MÜLLER, Facharzt für Chirurgie & Venenpraxis, 1160 Wien, Thaliastraße 155, +43 1 4934884, +43 664 5239295, venen@drmueller.at

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